Nadine von Colorline Tattoo: Tätowierkunst mit persönlicher Note
In Spittal an der Drau hat sich Nadine mit ihrem Studio Colorline Tattoo einen Namen
gemacht. Doch bei ihr geht es nicht nur um kunstvolle Tattoos, sondern auch um das
Wohlfühlen. Warum ein Tisch voller Süßigkeiten in ihrem Studio steht und weshalb sie sich auf Fineline und Realismus spezialisiert hat, erfährst du in unserem Interview.
Wie bist du zum Tätowieren gekommen?
Tätowieren ist mein Traumberuf, seit ich 15 bin. Damals war es als Frau noch unüblich in diesem Beruf Fuß zu fassen. Also habe ich zunächst einen anderen Beruf erlernt, die Tattoo-Branche hat mich aber nie ganz losgelassen. Mit 30 Jahren konnte ich dann meinen Traum endlich verwirklichen. Ein Freund von mir, selbst Tätowierer, hat mir geholfen. Im Jahr 2017 konnte ich schließlich meine Ausbildung in Innsbruck beginnen.
Was ist das Besondere an deiner Kunst?
Ich bin eine sehr gute Portrait-Artistin und Finelinerin. Ich habe einen ganz eigenen, detailverliebten Stil. Viele meiner Kunden sagen, dass man meine Arbeiten sofort erkennt. Ich selbst mache es einfach so, wie ich es für richtig halte, aus dem Bauch heraus. Besonders bei Augen, Gesichtern und Händen kann ich mich richtig hinein tüfteln – das liebe ich.
Welchen Stil tätowierst du am liebsten?
Realismus und Fineline.
Sehr wenige Tätowierer bewegen sich im Realismus-Bereich, oder?
Es werden immer mehr, habe ich das Gefühl. Und da sind echt unglaubliche Ausnahmetalente dabei. Mir fiel Realismus immer ziemlich leicht. Schon mit 15 Jahren habe ich Porträts gezeichnet, deshalb ging mir das Tätowieren in diesem Stil relativ schnell von der Hand. Finline ist etwas, von dem ich selbst nicht dachte, dass ich darin gut bin, aber da habe ich mich selbst überrascht.
Dafür gibt es andere Stile, mit denen ich mich eher nicht identifizieren kann – wie zum
Beispiel Maori-Tattoos. Da verweise ich dann auf Kollegen, die sich auf solche Stile spezialisiert haben.
Wann hast du dich selbstständig gemacht?
Ich habe bei dem Tätowierer, der mich ausgebildet hat, ein paar mal tätowiert, dann meine Ausbildung in Innsbruck gemacht, mir einen Raum angemietet, wo ich auf Modellen üben konnte. So habe ich angefangen – ein Jahr lang parallel zur Ausbildung und meinem 40 Stunden Job als Ordiassistentin. Danach habe ich die Prüfung gemacht und mich selbstständig gemacht.
Wie lange bist du jetzt schon hier?
Im Oktober 2025 bin ich hier in mein neues Studio gezogen. Selbstständig bin ich seit März 2018.
Wie kommst du zu deinen Kunden?
Fast ausschließlich durch Mundpropaganda. Meistens sehen die Leute meine Tattoos bei anderen und kontaktieren mich dann. Ich würde sagen, etwa 80 Prozent meiner Kunden kommen nur durch Weiterempfehlungen. Viele sind aus Salzburg oder Tirol, aber natürlich auch aus der Gegend. Spittal ist ein großes Einzugsgebiet. Sogar ein Kunde aus Köln ist regelmäßig zu mir gekommen.


Kennst du aktuelle Tattoo-Trends, und was hältst du davon?
Fineline ist gerade total im Trend. Mikro Realismus sieht zwar richtig gut aus, verheilt aber oft nicht besonders gut. Wenn zu viele Details in einem zu kleinen Motiv stecken, wird es mit der Zeit unscharf, weil das Tattoo genauso altert wie die Haut.
Hast du auch gehört, dass das Arschgeweih wiederkommen soll?
Ja, tatsächlich habe ich vor zwei Jahren mal etwas in diese Richtung gemacht – aber das war auch das Einzige. Die Position eines Arschgeweihs finde ich gar nicht schlecht, aber das klassische Design mit den dicken Tribals ist nicht so meins. Ich mache allerdings viele Cover-Ups von alten Arschgeweihen.
Über Cover-Ups sagt man, dass sie die Königsdisziplin sind.
Ja, und sie sind echt herausfordernd! Viele Kunden glauben, man könnte einen Elefanten hinter einem kleinen Stempel verstecken – das geht einfach nicht. Am besten funktionieren Cover Up´s mit Farbe, oder vielen Grautönen. Dann hat man nicht einfach nur einen schwarzen Fleck, sondern kann etwas Schönes daraus machen.
Was sind deine Ziele für die nächsten fünf Jahre?
Ich liebe es, wie es ist. Aber ich habe schon vor mein Wissen, das ich in den letzten Jahren sammeln konnte, weiterzugeben. Ich plane zukünftig online Schulungen und auch 1:1 Ausbildungen anzubieten.
Die Anfragen für eine Ausbildung zum Tätowierer sind tatsächlich sehr hoch.
Ja, Tätowieren ist in Österreich ein reglementiertes Gewerbe und unterliegt strengen Vorgaben. Ich kann mir daher gut vorstellen, Weiterbildungen anzubieten, wo man sich bestimmte Techniken erlernen kann und Neulinge von meiner Erfahrung profitieren.
Wie viele Kunden hast du aktuell in der Woche?
Das kann ich pauschal nicht beantworten – kommt darauf an. Wenn ich große Termine habe, sind es weniger, bei vielen kleinen sind es mehr. Ich bin jedenfalls gut gebucht. Die nächsten Termine sind im Oktober verfügbar.
Was zeichnet dich als Tätowiererin aus?
Meine freundliche, offene Art. Ich gehe auf meine Kunden und ihre Wünsche ein, bin ein "gerader Michel" wenn es darum geht die Kunden zu beraten und dann ihre Ideen so umzusetzen, dass sie auch noch nach Jahren Freude daran haben.
Ich habe eine feine Art zu tätowieren, aber kann auch die etwas düstereren Motive.
Mir ist wichtig, dass die Menschen sagen: „Da gehe ich gerne wieder hin, da fühle ich mich wohl!“ Ich finde es schrecklich, wenn man mit einem perfekten Tattoo nach Hause geht, aber die Erfahrung mit dem Tätowierer total unangenehm war. Man verbindet sein Tattoo schließlich auch mit der Person, die es gestochen hat.